Salut und herzlich Willkommen zur 604. Ausgabe des Social-Media-Watchblog-Briefings. Heute beschäftigen wir uns intensiv mit der Gedankenwelt eines hochrangigen Facebook-Managers. Ferner schauen wir auf TikToks neue Gemeinschaftsrichtlinien. Zudem stellen wir fest, dass es jetzt Desinformations-Agenturen gibt und Facebooks Privacy Checkup zwar gut gemeint ist, letztlich aber nur vor Dritten schützt – und natürlich nicht vor sich selbst. Wir wünschen eine gewinnbringende Lektüre und bedanken uns für das Interesse! Simon und Martin
Was ein Facebook-Manager über Trump denkt
Was ist: Andrew Bosworth hat ausführlich über Donald Trump, Cambridge Analytica, Filterblasen und den Herrn der Ringe nachgedacht. Der Facebook-Manager veröffentlichte das 5500-Wörter-Essay „Gedanken über 2020“ auf seinem privaten Account, den nur Facebook-Angestellte sehen können – doch die New York Times hat das interne Memo in die Hände bekommen und ins Netz gestellt (NYT). Kurz darauf teilte es Bosworth auch selbst (Facebook).
Warum das wichtig ist: Führende Mitarbeiter der großen Tech-Unternehmen halten sich mit eindeutigen politischen Aussagen zurück. Aus den öffentlichen Äußerungen von Mark Zuckerberg, Tim Cook oder Sundar Pichai kann man zwar eine (für US-Verhältnisse) liberal-progressive Haltung ableiten, eine Wahlempfehlung würden sie aber niemals abgeben (nur Jeff Bezos verbindet eine innige Abneigung mit Trump). Dafür ist die US-Gesellschaft viel zu polarisiert: Wer sich klar positioniert, bringt die Hälfte der Bevölkerung gegen sich auf.
Umso bemerkenswerter sind Bosworths Äußerungen, der mehrfach betont, dass er Trump ablehnt. Sein Wort hat bei Facebook Gewicht: Bosworth war während der US-Wahl 2016 für Facebooks Anzeigengeschäft zuständig. Heute leitet er die Sparte für virtuelle und erweiterte Realität. Er gilt als enger Vertrauter Zuckerbergs.
Das Memo ist deshalb aus drei Gründen interessant:
- Es ermöglicht einen seltenen Einblick in die Gedankenwelt eines Menschen, der maßgeblichen Einfluss auf Facebooks Entscheidungen hat.
- Was Bosworth sagt, ist nicht nur seine Privatmeinung, sondern dürfte stellvertretend für das stehen, was viele Facebook-Mitarbeiterïnnen denken. Diese Binnenperspektive, vor allem die interne Wahrnehmung der medialen Berichterstattung über Facebook, wird sonst selten bekannt.
- Ich stimme Bosworth nicht in allen Punkten zu. Viele Dinge, die er anspricht, finde ich aber wichtig und richtig – etwa in Bezug auf russische Trolle, Falschnachrichten und personalisierte Wahlwerbung.
Was Bosworth schreibt: Wer über Facebook berichtet, mit Facebook arbeitet oder sich dafür interessiert, wie Facebook tickt, sollte sich zehn Minuten Zeit nehmen und das komplette Memo lesen. Für alle andere fasse ich die wichtigsten Aussagen hier zusammen:
Donald Trump
- „Ich bin kein Fan von Trump“, schreibt Bosworth. Dennoch müsse man die „unglaublichen Arbeit“ anerkennen, die Trump und Brad Parscale geleistet hätten, der 2016 Trumps digitalen Wahlkampf verantwortete.
- Facebook sei für Trumps Wahlsieg verantwortlich, aber nicht aus den Gründen, die öffentlich diskutiert würden. Russland, Desinformation oder Cambridge Analytica hätten keine Rolle gespielt.
- Trump sei gewählt worden, „weil er die beste digitale Anzeigenstrategie hatte, die ich je gesehen habe.“ Trump habe nicht gewonnen, weil er Falschinformationen verbreitete, sondern weil er Facebooks Werkzeuge bestmöglich nutzte.
Russland und „Fake News“
- Russland habe versucht, die US-Wahl zu manipulieren. Die Trolle der IRA und Wahlwerbung auf Facebook seien dabei längst nicht so wichtig gewesen, wie es Medien dargestellt hätten.
- „100 000 Werbedollar können ein mächtiges Werkzeug sein, aber dafür kann man sich keine US-Wahl kaufen“, schreibt Bosworth. Ausländische Akteure hätten die US-Gesellschaft auf andere Art und Weise spalten wollen, etwa indem sie in derselben Stadt eine Black-Lives-Matter-Kundgebung und eine Protestveranstaltung organisierten.
- Der Großteil der Falschinformationen, die auf Facebook im Umlauf waren, sei nicht politisch, sondern ökonomisch motiviert gewesen. Hier habe Facebook Fehler gemacht und hätte Seiten, die Nutzerïnnen mit frei erfundenen Nachrichten auf Webseiten voller Werbung lockten, konsequenter abstrafen sollen.
Cambridge Analytica
- Bosworth hält die Aufregung über die dubiose Datenfirma übertrieben: „Tatsächlich ist Cambridge Analytica ein totales Nicht-Ereignis (…) Sie haben Schlangenöl verkauft. Ihre Werkzeuge haben nicht funktioniert. Alles, was sie über sich selbst behauptet haben, ist Unsinn.“
- Facebooks interne Daten zeigten, dass die Anzeigen von Cambridge Analytica nicht besser funktioniert hätten als die von anderen Unternehmen. In vielen Fällen hätten sie sogar schlechter performt.
- Obwohl fast alle Details, die zu dem angeblichen Skandal im Umlauf sind, falsch seien, könne Facebook die Kritik nicht einfach ignorieren. Cambridge Analytica habe sich sensible Daten von Nutzerïnnen über eine offene Schnittstelle verschafft, die Facebook früher hätte schließen müssen.
- Im Jahr 2020 erscheine es verrückt, dass Facebook diese Schnittstelle für Entwicklerïnnen überhaupt erst geöffnet habe – vor acht Jahren habe Facebook aber eine Menge Zuspruch dafür erhalten.
Politische Werbung
- Politikerïnnen sind von Facebooks Faktenchecks ausgenommen (mehr dazu in Briefing #589 und #590). Sie dürfen nicht nur fast alles behaupten, was sie wollen, sondern können sogar dafür bezahlen, damit mehr Menschen ihre Lügen lesen: Selbst Anzeigen werden nicht geprüft.
- Wenn es nach Bosworth geht, ist das auch richtig so. Er sei „verzweifelt“ versucht, alle Mittel zu nutzen, um eine Wiederwahl von Trump zu verhindern. Aber Facebook dürfe seine Macht nicht nach eigenem Gutdünken einsetzen.
- Genau wie die Elbenkönigin Galadriel im Herrn der Ringe der Versuchung widersteht, den Ring der Macht an sich zu nehmen, müsse Facebook standhaft bleiben, „um nicht zu dem zu werden, was wir fürchten“.
- Es gebe durchaus Grenzen der Redefreheit, die auch für Politikerïnnen gelten müssten, etwa offene Aufrufe zur Gewalt. Bosworth hält es aber für gefährlich, wenn Facebook entscheide, was wahr und was falsch ist.
- Medien unterstellten Facebook oft ökonomische Motive, weil es Wahlwerbung im Gegensatz zu Twitter und Google nicht verbietet oder reguliert. Als ehemaliger Leiter von Facebooks Anzeigengeschäft könne Bosworth „in diesem Fall mit Sicherheit sagen, dass die Kritiker falsch liegen.“
- Bei der Regulierung von politischer Werbung gehe es nicht um Geld. Da Facebook diese Gespräche aber nur intern führe, müsse man der Presse die Fehlschlüsse verzeihen.
Filterblasen
- Die Furcht vor Filterblasen sei ein Mythos, der leicht zu widerlegen sei, glaubt Bosworth. In analogen Zeiten hätten Menschen meist nur eine Zeitung gelesen oder einen Fernsehsender gesehen.
- Tatsächlich habe das Internet die Meinungsvielfalt erhöht. Entgegen der öffentlichen Auffassung kämen Facebook-Nutzerïnnen mit mehr Berichten in Kontakt, die ihrer eigenen Überzeugung widersprechen.
- Darin liege das viel größere Problem: Polarisierung sei gefährlicher als vermeintliche Echokammern.
- Andere Meinungen präsentiert zu bekommen, führe nicht automatisch zu mehr Empathie, sondern löse meist das Gegenteil aus: „Jedes Mal, wenn ich etwas von Breitbart lese, werde ich zehn Prozent liberaler.“
- Facebook müsse seine Algorithmen nicht unbedingt verändern. Es sei aber sinnvoll, transparenter zu machen, welche Daten und Faktoren Einfluss auf die Inhalte haben, die Menschen in ihrem Newsfeed sehen.
Nikotin oder Zucker
- Alle paar Monate werden soziale Netzwerke (oder wahlweise auch Smartphones) mit tödlichen Drogen verglichen: Digitale Süchte seien genauso gefährlich wie Rauchen und Alkoholkonsum.
- Bosworth hält das für „zutiefst beleidigend“ für Betroffene. Er habe Familienangehörige, die alkoholabhängig gewesen seien. Den Begriff Sucht dürfe man nicht leichtfertig verwenden.
- Die bessere Analogie sei Zucker: für die meisten Menschen ein Genuss, in Maßen konsumiert keine tödliche Gefahr, im Übermaß gefährlich.
- Zucker zu verbieten, sei paternalistisch. Alle Menschen könnten frei wählen, wie sie sich ernähren.
- „Menschen zu ermöglichen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, ist gut, aber zu versuchen, ihnen Entscheidungen aufzuzwingen, funktioniert fast nie.“
Be smart: Genau wie Bosworth glaube ich nicht, dass Trump seine Wahl russischen Trollen, Falschnachrichten und den Datentricks von Cambridge Analytica zu verdanken hat. Dieses Narrativ hält sich leider bis heute.
Auch seinen Ausführungen über Filterblasen stimme ich weitgehend zu. 2017 haben Hakan Tanriverdi und ich vor dem „Filterblasen-Lamento“ gewarnt (SZ):
„Nicht jeder Ton des Lieds ist schief, aber die Platte hat einen Sprung: Seit Jahren hört sich ein Großteil der Kritik gleich an, sie ignoriert aktuelle Forschungsergebnisse und blendet aus, dass Menschen auch in prädigitalen Zeiten dazu neigten, sich mit Gleichgesinnten zu umgeben. Das ist schade, denn Facebook hat sehr wohl eine Verantwortung, und Algorithmen können gefährlich werden. Doch um diese Entwicklung zu beleuchten und zu hinterfragen, braucht es nicht mehr Dystopie, sondern mehr Differenzierung.“
Was Bosworth über politische Werbung sagt, ist dagegen schräg. Er hat Recht, dass ein Verbot oder eine Regulierung nicht alle Probleme löst. Ich glaube ihm auch, dass es Facebook nicht ums Geld geht (politische Anzeigen machen 0,5 Prozent des Jahresumsatzes aus). Trotzdem macht er es sich und Facebook viel zu einfach, wie dieser Absatz zeigt:
„If we don’t want hate mongering politicians then we must not elect them. If they are getting elected then we have to win hearts and minds. If we change the outcomes without winning the minds of the people who will be ruled then we have a democracy in name only. If we limit what information people have access to and what they can say then we have no democracy at all.„
Bosworth tut so, als sei Facebook eine Plattform, die allen Politikerïnnen die gleichen Chancen biete. Je weniger Facebook, eingreife, desto fairer sei das für alle Beteiligten. Die Macht von Facebook sei zu groß, um sie zu nutzen.
Dabei verkennt Bosworth, dass Facebook seine Macht längst aus der Hand gegeben hat. Die Plattform ist eben nicht neutral, sondern verstärkt Emotionen, vor allem Wut und Empörung. Wer am lautesten schreit und am schamlosesten lügt, gewinnt: Seit Donald Trump im Amt ist, hat er mehr als 15.000 Lügen und irreführende Behauptungen in die Welt gesetzt (Washington Post) – und genau mit dieser Strategie dürfte er auch in den kommenden Wahlkampf gehen.
Zumindest scheinen Bosworths Ansichten auch innerhalb von Facebook umstritten zu sein. Sowohl die New York Times als auch er selbst schreiben, dass unter seinem Posting Dutzende Angestellte widersprochen hätten. Diese Kommentare hätten „seine Meinung geändert“, sagt Bosworth.
Autor: Simon Hurtz
Die neuen Cambridge-Analytica-Dokumente
Was ist: Am Dienstag schrieben wir in Briefing #603:
„Wir haben die bislang verfügbaren Daten heruntergeladen, konnten sie aber nur oberflächlich betrachten – eine umfassende Analyse braucht schlicht mehr Zeit. Da die Aufregung über die angebliche Manipulation der US-Wahl 2016 deutlich größer war, als es der Anlass rechtfertigte, raten wir erstmal zur Vorsicht: Cambridge Analytica ist nur eines von vielen vergleichbaren Datenunternehmen, und noch immer fehlen seriöse Belege, dass sich Wählerïnnen wirklich so leicht manipulieren lassen, wie Datengurus und manche Medienberichte nahelegen.“
Mittlerweile habe ich das veröffentlichte Material in Ruhe gesichtet und meine Erkenntnisse aufgeschrieben (SZ).
Die Zusammenfassung:
- Bislang sind fünf Dossiers geteilt worden: über Brasilien, Iran, Kenia und Malaysia sowie zu John Bolton, dem ehemaligen Sicherheitsberater des US-Präsidenten Donald Trump.
- Große Aufreger habe ich bislang nicht entdeckt. Die Dokumente zeigen nur, dass Cambridge Analytica in diesen Ländern aktiv war und Bolton mit dem Unternehmen zusammengearbeitet hat – ein Teil davon war allerdings bereits bekannt.
- Am interessantesten finde ich eine E-Mails aus Österreich: Philipp Maderthaner, Kampagnenleiter des Bundeskanzlers Sebastian Kurz, gratulierte Cambridge Analytica zur „großartigen PR“ im Zusammenhang mit der Arbeit für die Trump-Kampagne.
- Er sei interessiert, darüber zu sprechen, wie sich Wissen, Werkzeuge und Expertise von Cambridge Analytica auf Österreich, Deutschland und die Schweiz übertragen lassen.
- Dem Twitter-Nutzer @davsow, der zuerst auf die E-Mail aufmerksam gemacht hatte, schrieb Maderthaner in einer DM: „Es kam nach dieser unverbindlichen Anfrage zu KEINEN konkreten Gesprächen mit Cambridge Analytica, noch zu irgendeiner Form der Zusammenarbeit. Ich darf sie höflichst bitten, es zu unterlassen, irgendeinen Zusammenhang (…) herzustellen. Meine Unternehmen ist sehr sensibel, wenn es darum geht, dass wir in die Nähe unlauterer Praktiken gestellt werden.“ (Twitter)
- Wie sensibel Maderthaner ist, bewies er kurz darauf selbst, als er Daniel Laufer und Alexander Fanta mit einem Anwalt drohte, als sie nachfragten (Netzpolitik).
- Der Ruf von Cambridge Analytica ist also auch zwei Jahre nach der Insolvenz des Unternehmens noch so verheerend, dass Maderthaner nervös wird, wenn auch nur der Name fällt.
Autor: Simon Hurtz
Kampf gegen Desinformation
Neue Deepfake-Policy bei Facebook: Facebook stellt mit einer neuen Deepfake Policy klar, welche Form von Deepfakes künftig noch auf der Plattform erlaubt sind. Das ist zunächst natürlich einmal aller Ehren wert. Drei Fragen bleiben aber:
Erstens gibt es eine ganze Reihe an manipulierten Videos, die auch unter der neuen Policy weiterhin erlaubt sind – etwa das berühmte Pelosi-Video, schreibt die Washington Post.
„Facebook, however, will not ban videos manipulated for the point of parody or satire. And it signaled that other lesser forms of manipulation would not be outlawed either, though they could be fact-checked and limited in their spread on the site. (…“) The tech giant’s new guidelines do not appear to address a deceptively edited clip of House Speaker Nancy Pelosi that went viral on the social network last year.„
Zweitens sind es womöglich gar nicht die aufwendig manipulierten Videos, die ein Problem darstellen, wie die Desinformations-Forscherin Nina Jankowicz feststellt:
„I’m still more worried about cheap fakes than deep fakes. Crudely edited, deliberately misleading videos and images are still effective, and they’re still allowed on most platforms.„
Drittens ist fraglich, ob Deepfakes überhaupt jemals eine ernstzunehmende Bedrohung darstellen werden. Bei The Verge schreibt Russel Brandon:
„Deepfake Propaganda ist not a real problem. We’ve spent the last year wringing our hands about a crisis that doesn’t exist.„
TikToks neue Content-Regeln: TikTok verpasst seinen Richtlinien ein Update (Axios), um genauer zu definieren, welche Inhalte auf der Plattform verboten sind. Die neuen Richtlinien umfassen jetzt zehn Kategorien:
- Gefährliche Personen und Organisationen
- Illegale Aktivitäten und regulierte Güter
- Gewalttätige und grafische Inhalte
- Selbstmord, Selbstverletzung und gefährliche Handlungen Hassrede
- Belästigung und Mobbing
- Nacktheit und sexuelle Aktivitäten von Erwachsenen
- Jugendgefährdende Inhalte
- Integrität und Authentizität
- Bedrohungen für die Sicherheit der Plattform
Das Unternehmen erklärt, die neuen Richtlinien sollen dabei helfen, mehr Transparenz herzustellen. Die ist auch bitter nötig, stehen seit den Enthüllungen von Guardian und Netzpolitik doch weiter viele Fragen im Raum hinsichtlich der Moderation von Inhalten und der Duldung von kritischen Inhalten.
Es gibt jetzt Desinformations-Agenturen 😩: Die Welt bekommt, was sie verdient: Einer Recherche von BuzzFeed zufolge gibt es eine neue Zunft an PR-Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, Desinformations-Kampagnen zu fahren. Zitat: „(We) use every tool and take every advantage available in order to change reality according to our client’s wishes.“ Ich kann gar nicht ausrechnen, wie viele Punkt Karma-Abzug das gibt…
Datenschutz-Department
Facebooks Privacy Checkup: Facebook hat sein Privacy Checkup Tool überarbeitet und neue Kategorien eingeführt (CNET). Was allerdings immer noch fehlt, ist die Option, sich besser vor der Datensammelwut von Facebook selbst zu schützen. Das Privacy Checkup Tool ist nämlich einzig und allein dafür gebaut, sich vor Dritten besser zu schützen. Mehr zum Thema von Carsten bei Mobilegeeks.
YouTubes neue Datenschutzregeln für Kids: Nachdem es heftige Kritik daran gab, dass Kinder auf YouTube gezielt mit Werbe-Anzeigen angesprochen werden können, hat YouTube seine Richtlinien überarbeitet (NYT):
- Erstens wird YouTube grundsätzlich weniger Daten von NutzerÏnnen sammeln, die Kindervideos schauen.
- Zweitens wird YouTube Werbeanzeigen künftig nicht mehr auf der Basis vorangegangener Online-Aktivitäten schalten. Vielmehr sollen Anzeigen nun auf der Basis zuvor geschauter Videos geschaltet werden.
- Drittens müssen Video-Produzenten nun angeben, ob das Video für Kids geeignet ist oder nicht.
TikToks Security Flaws: Laut einer Untersuchung der israelischen Cybersecurity-Firma Checkpoint gab es bei TikTok zwei Sicherheitslücken. Die Schwachstellen ermöglichten es dem Angreifer, auf private Videos, respektive auf Kontaktdaten zuzugreifen. TikTok erklärt, die Probleme seien behoben.
Social Media & Journalismus
Cheddars TikTok-Strategie: Cheddar bezeichnet sich als „leading post-cable news, media, and entertainment company“. Sie streamen ihre Inhalte rund um Politik, Technologie, Wirtschaft und Finanzen bei SlingTV, Hulu Live, YouTube TV, Philo, Twitter, Facebook Watch, Pluto, Xumo und vielen weiteren Angeboten. Dass sie alles daran setzen, auch bei TikTok ganz vorne mit dabei zu sein, ist aus ihrer Sicht nachvollziehbar. Wie sie es geschafft haben innerhalb von acht Monaten 1 Million Follower zu bekommen, erklärt dieser Digiday-Artikel: ‘We will always go for it’. Das tl;dr lautet in etwa: Es hatte nichts mit harten Nachrichten zu tun.
Obama-Serie bei IGTV: Michelle Obama launcht gemeinsam mit ATTN: eine neue Serie bei Instagram TV. Das ist insofern beachtenswert als dass die Obamas sich ja in aller Regel ziemlich genau (und klug) anschauen, auf welcher Plattform sie in welchem Umfang mitmischen. Dass Michelle Obama nun bei IGTV mitmischt, überrascht mich: instagram.com/attndotcom.
Statistiken
Spannende Daten zu Douyin: TikToks nur in China verfügbare Schwester-App Douyin hat laut ByteDance Jahresbericht 2019 die Marke von 400 Millionen NutzerÏnnen geknackt. Der Jahresbericht kann hier in englischer Übersetzung eingesehen werden: Douyin Data Report (Squarespace / PDF). Wer sich für die weitere Entwicklung von TikTok interessiert, darf ruhig mal einen Blick riskieren. Es ist nämlich ganz spannend zu sehen, dass Douyin vor allem für Travel-Posts und Edutainment genutzt wird. Virale Tanz-, Comedy- und Lip-Sync-Clips, wie sie bei TikTok in Europa und den USA maximal populär sind, sind nur eine Kategorie unter vielen.
Gründe, warum User Facebook weniger nutzen: Nein, Facebook ist nicht tot. Keine Frage. Facebook wächst sogar. Und doch ist es interessant, die Gründe zu erfahren, warum viele NutzerÏnnen der Plattform in den letzten Jahren den Rücken gekehrt haben. Einige Antworten darauf liefert der Artikel von Digital Information World, die sich auf Zahlen von Edison Research berufen:
Social Media & Wissenschaft
Twitter gibt mehr Daten frei: Um die Plattformen besser zu verstehen, braucht es Zugang zu den Milliarden Daten, die dort täglich verarbeitet werden. Genau dieser Zugang wird von den Plattformen aber in aller Regel nicht gestattet. Simon hat das Problem hinsichtlich der Frage, ob YouTube Nutzer radikalisiert, in Ausgabe #603 ausführlich beschrieben. Um der wissenschaftlichen Community nun ein Stück entgegenzukommen, hat Twitter eine neue Website gelauncht: Twitter data for academic research. Ob das was taugt, muss die wissenschaftliche Community jetzt beantworten.
Empfehlungen fürs Wochenende
Longread über die Ära der Plattformen: Kollege Sebastian Meineck hat ausführlich über die Ära der Plattformen geschrieben. In seiner Analyse beschreibt er on point wie Online-Plattformen die Wirtschaft umwälzen und die Demokratie vor Probleme stellen: Die Ära der Plattformen – 7 Probleme für die nächsten Jahrzehnte.
Essay zu Time Well Spent: Es ist nicht lange her, da war „Time Well Spent“ eines der bedeutendsten Themen in der Debatte über die Nutzung von Smartphones und Social-Media-Angeboten. Auch wir haben über „Time Well Spent“ häufig berichtet – etwa in Ausgabe #420, #476, #543 und #547. Über ein Jahr später bilanziert Vox: Tech companies tried to help us spend less time on our phones. It didn’t work. Und vielleicht beobachtet das ja auch jeder bei sich selbst. Der eigene Medienmix hat sich vielleicht diversifiziert, weniger geworden ist er aber definitiv nicht (siehe Washington Post / siehe ARD-ZDF-Onlinestudie). Da helfen auch die hübschen, bunten Dashboards nicht.
Apple – als Staat betrachtet: Tortoise Media hat sich vorgenommen, eine andere Form von Journalismus zu bieten. Das kostenpflichtige Angebot hat sich vorgenommen, künftig über Tech-Konzerne zu schreiben als wären sie Staaten. Der erste (kostenfreie) Artikel in dieser Serie beschäftigt sich mit Apple: Welcome to Apple – a One-Party State.
Winners Take All: Anand Giridharadas gehört zu den schärfsten Kritikern der Tech-Elite. Sein Buch „Winners Take All“ (Wikipedia) erschien zwar bereits 2018, bleibt aber weiter aktuell. Wer keine Lust hat, die 304 Seiten zu lesen, kann sich bei YouTube eine animierte Zusammenfassung des Buchs anschauen: RSA Minimate: Winners Take All.
Das all-white Hype House: Ein Haus vollgestopft mit TikTok-Stars, die den ganzen Tag nix anderes machen als Challenges, Lip-Sync-Videos und Livestreams – was sich für viele Teens wie ein Traum anhören dürfte, ist in LA längst Realität. Das sogenannte Hype House im Porträt von der wunderbaren Taylor Lorenz: Hype House and the Los Angeles TikTok Mansion Gold Rush. Neben vielen anderen Fragen, die das Thema aufwirft, möchte ich vor allem diese stellen: Welche Gesellschaft soll das abbilden?
Neue Features bei den Plattformen
Signal
- View Once: Signal hat sich ein neues Feature einfallen lassen, um seinen NutzerÏnnen mehr Datenschutz-Optionen an die Hand zu geben. Das neue View-Once-Feature ermöglicht es, dass Fotos und Videos beim Empfänger aus dem Chat-Verlauf gelöscht werden, sobald sie einmal geöffnet wurden.
Tipps, Tricks und Apps
Deutsche Social-Media-Guidelines: Und auch in diesem Briefing sprechen wir gern eine Empfehlung aus, die Website von Christian Buggisch zu besuchen. Schon seit 2011 sammelt Christian eine Übersicht deutscher Social Media Guidelines – darunter etwa 1&1, Deutsche Telekom, Linde und Tchibo. Garantiert ein Blick wert.
One more thing
Vertical Video FTW!: Alte Hasen müssen jetzt ganz tapfer sein: Samsung hat bei der CES in Las Vegas einen rotierenden Fernseher vorgestellt.😱 (twitter.com / Elsa Trujillo)
Header-Foto von Alex Holyoake bei Unsplash