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7 Min. Lesezeit Medienwandel

Social Media Manifest

15 Ideen, wie wir Social Media besser nutzen können. Nicht für mehr Klicks und Reichweite, sondern um den Kreislauf aus Dauer-Empörung zu durchbrechen.

Social Media Manifest
Quelle: Unsplash+ // Jigar Panchal

Liebe Leserin, lieber Leser, ich, Martin, habe vor kurzem ein kleines Social-Media-Manifest geschrieben, in dem ich beschreibe, wie ich Social Media (fortan) nutzen möchte. Gern möchte ich die Ideen heute mit dir teilen. Hier also der Text, den ich drüben auf social-media-manifest.de veröffentlich habe:

Ich befinde mich in einem Informationskrieg. Klingt dramatisch, ich weiß. Ist aber so. Ein Großteil dieses Kampfes findet in den sozialen Medien statt. Ich bin dabei in aller Regel nicht nur Beobachter, sondern fast immer auch aktiver Teilnehmer. In Form von Posts, Likes, Reposts, Kommentaren. Dabei verfolge ich doch gute Absichten.

Ich will auf Missstände hinweisen, auf absurde Vorschläge aufmerksam machen, meinem Ärger über die Ungerechtigkeiten in dieser Welt Luft verschaffen. Doch mit all meinen Interaktionen verstärke ich viel zu oft ungewollt die eigentlichen Botschaften. Ich werde zum Multiplikatoren von Narrativen, die ich ablehne. Ich falle auf die Strategie rechter Populisten herein.

Ich möchte da nicht mehr mitmachen. Ich nehme mir vor, bei der Nutzung sozialer Medien von jetzt an auf folgende Ideen zu achten:

  1. Ich verstärke keine rechten Narrative. Sei der Post meinerseits auch noch so gut gemeint. Ich teile keine rechten Inhalte - weder als Witz, noch um Dampf abzulassen. Schon gar nicht, um selbst viele Interaktionen einzuheimsen.
  2. Ich hinterfrage stets, was die Absicht hinter der Botschaft ist, die mich erreicht. Handelt es sich wirklich um einen substanziellen Vorschlag? Oder geht es dem Gegenüber nur um Reichweite und Aufmerksamkeit?
  3. Ich überprüfe, was ich teile. Ich teile nicht blind Posts, ohne mich zu vergewissern, dass der Post wirklich wiedergibt, was im Artikel, im Podcast, im YouTube-Video zu lesen, zu hören und zu sehen ist. Ich teile keine Desinformationen.
  4. Ich zeige mich solidarisch und empathisch mit Menschen, die in den sozialen Medien angegangen werden. Autoritäre Kräfte zielen immer darauf ab, Menschen zu verunsichern, sie in die Enge zu treiben, sie verstummen zu lassen. Das lasse ich nicht zu.
  5. Ich unterstütze unabhängige Medien nach besten Kräften - sei es durch das Teilen von gut recherchierten Beiträgen oder über eine Mitgliedschaft. Guter Journalismus ist ein Eckpfeiler der Demokratie. Ohne finanzielle Zuwendung kann keine Redaktion auf Dauer bestehen.
  6. Ich benehme mich in den sozialen Medien gegenüber anderen Menschen so, wie ich es auch mit meinen Freunden, Bekannten und Verwandten halten würde. Ich verzichte auf Spott und Häme, mache keine Witze auf ihre Kosten, erhebe mich nicht über sie. Wenn ich über Dritte rede, dann erwähne ich sie auch.
  7. Ich lasse mich nicht von den Inhalten in den sozialen Medien provozieren, runterziehen. Ich meide Doomscrolling und bringe mich jenseits des Internets ein - über Interaktionen mit Menschen vor Ort in Gruppen, Vereinen und Institutionen. Ins Internet weinen hilft nicht.
  8. Ich teile positive Inhalte. Die (sozialen) Medien sind voller Hass, Häme und Spott - das zieht ganz schön runter. Ich versuche so oft es geht, Inhalte zu teilen, die ermutigen und Kraft geben.
  9. Ich mische mich ein, ohne belehrend zu sein. Tone Policing bringt rein gar nichts. Sich aber konstruktiv in eine Debatte einzubringen, kann ein Gewinn sein.
  10. Ich bleibe optimistisch und lasse mir nicht einreden, dass die Welt dem Untergang geweiht ist. Populisten und rechte Claquere haben zum Ziel, Verunsicherung zu stiften. Sie wollen, dass ich mich kraft- und mutlos fühle. Dagegen wehre ich mich mit Kräften.
  11. Ich bleibe fokussiert. Auch wenn die Verlockung auf Aufmerksamkeit und Reichweite noch so groß sein mag, verkneife ich mir den schnellen Post. Faschismus ernährt sich von Zynismus und Pessismus. Auf dieses Niveau lasse ich mich nicht runterziehen.
  12. Ich nutze nach Möglichkeit keine Plattformen, deren primäres Ziel darin besteht, meine Aufmerksamkeit an Werbetreibende zu verkaufen. Ich achte darauf, wie viel Zeit ich auf diesen Plattformen verbringe und prüfe, ob es nicht Alternativen gibt - privat wie beruflich.
  13. Ich achte auch bei Social Media auf Klimaschutz. Jeder Post, jede Interaktion, jedes Refresh, jeder Griff zum Smartphone verbraucht Energie und damit Ressourcen.
  14. Ich nutze Social Media inklusiv. Wenn es die Möglichkeit gibt, Bildbeschreibungen zu verwenden, tue ich das auch.
  15. Ich gebe Quellen an. Ich stelle keine Behauptungen auf, ohne Belege zu liefern.

Wenn dir diese Ideen auch sinnvoll erscheinen, freue ich mich. Teile das Briefing gern mit Freunden und Kollegen. Vielleicht schaffen wir es so, den Kreislauf aus Dauer-Empörung zu durchbrechen. Falls nicht, freue ich mich über Hinweise per E-Mail: gern direkt als Reply auf diesen Newsletter.

And now, on to the update 😄


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