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6 Min. Lesezeit OpenAI

"Erotik für Erwachsene": Warum Altmans Ankündigung wirklich problematisch ist

OpenAI öffnet sich für Sexbots und erntet Hohn und Spott. Dabei geht unter, was Sam Altman sonst noch behauptet hat.

Was ist

Am Dienstag schrieb Sam Altman vier Absätze auf X, die ein großes Medienecho auslösten. Am prägnantesten drückt es Samantha Cole von 404 Media aus: "ChatGPT’s Hail Mary: Chatbots You Can Fuck".

Wir halten den Spott über Altmans Sinneswandel für berechtigt. Der erste Teil seines Postings ist aber mindestens genauso wichtig und wirft kein gutes Licht auf OpenAI. Altman behauptet, man habe die "ernsthaften psychischen Probleme" im Zusammenhang mit ChatGPT in den Griff bekommen und könne jetzt die meisten Restriktionen lockern.

Studien, Einschätzungen von Expertïnnen und anekdotische Evidenz zeichnen ein anderes Bild. Das zeigt erneut: Große Reichweite geht leider nicht automatisch mit großem Verantwortungsbewusstsein einher.

Was Altman über "Erotik für Erwachsene" sagt

Beginnen wir mit dem Teil des Postings, der die meiste Aufmerksamkeit erhielt:

Wenn wir im Dezember die Altersverifizierung umfassender einführen, werden wir im Sinne unseres Grundsatzes, "erwachsene Nutzer wie Erwachsene zu behandeln", auch weitere Inhalte wie Erotika für verifizierte Erwachsene zulassen.

Anders ausgedrückt: Auf Wunsch wird ChatGPT zu SexGPT.

Aus wirtschaftlicher Sicht ergibt das Sinn. In den kommenden fünf Jahren will OpenAI mehr als eine Billion Dollar ausgeben (FT). Der prognostizierte Umsatz für 2025 beläuft sich auf 13 Milliarden Dollar. Auch ohne Mathestudium merkt man schnell: OpenAI benötigt dringend neue Einnahmequellen, um nicht ständig Geld bei Investoren einsammeln zu müssen.

Sexbots allein werden dieses Problem nicht lösen. Trotzdem könnten erotische Inhalte und Pornografie ein lukratives Geschäftsmodell für OpenAI sein (ZEIT). Menschen, hauptsächlich Männer, geben dafür erfahrungsgemäß viel Geld aus.

Diese Zahlungsbereitschaft war historisch ein wichtiger Faktor für den Erfolg neuer Medien und Technologien (SZ). Die große Nachfrage nach Pornografie hat etwa zur Verbreitung von VHS-Kassetten, Online-Zahlungssystemen, Streaming-Infrastruktur und bestimmten Formen der Online-Werbung beigetragen.

Bereits jetzt gibt es einen großen Markt für Chatbots, die erotische Rollenspiele und mehr zulassen. Knapp 30 Millionen Menschen nutzen Apps, die romantische und sexuelle Beziehungen mit einer KI anbieten (ChinaTalk). Die meisten werben mit virtuellen Freundinnen und sprechen heterosexuelle Männer an.

Dazu kommen Nutzerïnnen, die mit einem der Sprachmodelle von Google, Meta oder OpenAI flirten. Wer 30 Dollar pro Monat für Grok zahlt, kann seit Juli mit einem hochgradig sexualisierten Anime-Avatar chatten, den The Verge als "moderne Interpretation einer Telefonsex-Hotline" bezeichnete.

Warum der Spott berechtigt ist

Altman hat die Häme aus zwei Gründen verdient. Zum einen brüstete er sich noch im August damit, dass OpenAI keinen Sexbot-Avatar für ChatGPT entwickelt habe (YouTube).

Solche kurzfristigen Growth-Hacks liefen den langfristigen Zielen von OpenAI und dem Interesse der Nutzerïnnen zuwider. Er sei stolz, dass man der Versuchung widerstanden habe. Dieser offensichtliche Versuch, sich über Elon Musk und Grok lustig zu machen, ist nicht besonders gut gealtert.