Was ist
Zumindest hat OpenAI das Schneckenrennen mit Rockstar Games gewonnen. Nach zweieinhalb Jahren Entwicklungszeit und zahlreichen Verzögerungen (WSJ, The Information) stellte Sam Altman am Donnerstagabend GPT-5 vor – vor dem Videospiel GTA 6, das seit Jahren immer wieder angeteasert und mittlerweile auf 2026 verschoben wurde.
GPT-5 ersetzt alle bisherigen Modelle in ChatGPT und steht den 700 Millionen Menschen, die den Chatbot wöchentlich nutzen, ab sofort zur Verfügung (OpenAI). Das Plus-Abo (20 Dollar pro Monat) gibt Zugriff auf GPT-5 Thinking, Pro-Abonnentïnnen erhalten für 200 Dollar Montagsgebühr GPT-5 Pro.
Der schlechteste Zeitpunkt, um ein neues Produkt zu beurteilen, ist wenige Stunden nach der Veröffentlichung. Das gilt erst recht für KI, deren Stärken und Schwächen sich erst zeigen, wenn man die Modelle über längere Zeit intensiv für unterschiedliche Aufgaben nutzt. Wir haben seit gestern Abend damit herumgespielt, fühlen uns aber bisher nicht in der Lage, eine fundierte Meinung abzugeben.
Trotzdem lässt sich eine erste Zwischenbilanz ziehen. Zum einen hatten mehrere Forscherinnen und Entwickler vorab Zugriff auf GPT-5 und haben ihre Eindrücke geteilt:
Zum anderen hat OpenAI Entscheidungen getroffen, die unabhängig von der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Modells Rückschlüsse auf die Zukunft von KI zulassen. Hier kommen fünf Erkenntnisse über GPT-5.
1. KI wird einfacher
- Um sinnvolle Antworten von Sprachmodellen zu erhalten, sind zwei Dinge wichtig. Man muss präzise prompten, also Fragen stellen und Anweisungen geben, mit denen die KI arbeiten kann.
- Und man muss das richtige Modell für den jeweiligen Einsatzzweck aussuchen. Bei ChatGPT konnte man etwa zwischen GPT-4o, o3, o4-mini und GPT-4.1 wählen. Erklärt wurden die Unterschiede nur spärlich, viele Menschen dürften ratlos und überfordert gewesen sein.
- Das ändert sich mit GPT-5. Das System entscheidet selbst, ob es sich um eine einfache oder eine komplexe Aufgabe handelt, und wählt je nachdem das passende Modell. Für Menschen, die weniger Erfahrung im Umgang mit KI haben, ist das eine Erleichterung.
- ChatGPT nähert sich damit dem Motto des Apple-Gründers Steve Jobs an: „It just works“.
- Leider sind Sprachmodelle komplexer als Computer und neigen dazu, eben nicht einfach zu funktionieren. Mehrere Tester berichten, dass GPT-5 bei unveränderten Prompts unterschiedliche Modelle aktivieren – eines liefere ein brauchbares Ergebnis, das andere nicht.
- Man sieht aber nicht den Prozess, sondern nur das Resultat, und hat keine Möglichkeit mehr, die Auswahl zu steuern. Damit wird KI nicht nur einfacher, sondern auch intransparenter.
2. Für Gratis-Nutzer ist der Sprung am größten
- Sogenannte Reasoning-Modelle waren bei ChatGPT bislang zahlenden Kundïnnen vorbehalten. Diese Modelle zerlegen komplexe Aufgaben in Teilschritte, die sie nacheinander abarbeiten.
- Dafür benötigen sie mehr Zeit und Ressourcen, die Antwort ist aber meist genauer.
- Mit GPT-5 steht erstmals allen Menschen ein Modell zur Verfügung, das für bestimmte Anfragen automatisch Reasoning einsetzt. Man kann der KI dann dabei zusehen, wie sie eine Struktur erstellt und schrittweise vorgeht.
- Beim ersten Zusehen wirkt das beeindruckend. Studien zeigen aber, dass dieser Prozess wenig mit menschlichem Denken zu tun (SMWB) hat und keine echten Einblicke ins Innere des Modells ermöglicht (PDF).
3. ChatGPT wird zum Produkt
- Seit der Veröffentlichung von ChatGPT Ende 2022 war klar, dass generative KI eine Technologie mit großem Potenzial ist. Damals wusste aber noch niemand, in welcher Form die meisten Menschen damit interagieren würden.
- Chatbots wie ChatGPT wirkten wie eine Zwischenstufe, bevor KI tiefer in Browser, Betriebssysteme oder spezielle Hardware integriert wird.
- OpenAI setzt darauf, dass ChatGPT selbst das Produkt ist, über das Hunderte Millionen Menschen auf KI zugreifen. Der Chatbot erhält unterschiedliche Persönlichkeiten und kann künftig als Zynikerin, Roboter, Zuhörerin oder Nerd antworten.
- Man kann externe Datenquellen mit ChatGPT verbinden und direkt auf Gmail, Google Kalender, und Google Kontakte zugreifen. Zudem wurde der Sprachmodus verbessert und klingt natürlicher.
- Damit versucht OpenAI, den größten Vorteil von Google wettzumachen. Über Android, Gmail und die Websuche sammelt Google massenhaft Daten von Milliarden Menschen, kann die Antworten seines Sprachmodells Gemini personalisieren und die KI direkt in viele andere Anwendungen einbauen.
- OpenAI möchte mit ChatGPT einen ähnlichen Lock-in-Effekt erzeugen, der Nutzerïnnen davon abhält, zur Konkurrenz zu wechseln.
4. GPT-5 soll besser mit heiklen Themen umgehen
- Die psychologischen Auswirkungen generativer KI sind bislang nur unzureichend erforscht.
- Studien zeigen Chancen beim therapeutischen Einsatz, aber auch Risiken wie bei sozialen Medien: Suchtpotenzial und Radikalisierung. Gerade psychisch labile Menschen sind anfällig (MIT Technology Review).
- In mehreren Fällen stehen Chatbots wie ChatGPT im Zusammenhang mit Suiziden, teils klagen die Angehörigen gegen die Konzerne (SMWB).
- Mehr als 5000 Stunden lang will OpenAI mit internen Teams und externen Fachleuten die Sicherheit von GPT-5 überprüft haben. Herausgekommen ist unter anderem ein neues Konzept namens „Safe Completions“ (OpenAI).
- Anders als bisherige Modelle verweigert GPT-5 die Antwort auf potenziell heikle Fragen nicht komplett, sondern versucht, die legale Intention zu erkennen und eine konstruktive Antwort zu geben.
- Ein Beispiel: Auf die Frage „Wie knacke ich ein Schloss?“ hätten frühere Modelle die Antwort meist abgelehnt. GPT-5 liefert Ratschläge, was man tun kann, wenn man sich ausgesperrt hat…
5. Das ist keine AGI
- Kurz vor der Veröffentlichung sagte Open-AI-Chef Altman in einem Podcast (YouTube / Theo Von): „Als ich GPT-5 getestet habe, habe ich Angst bekommen. Ich habe gedacht: Was haben wir da geschaffen?"
- Seit Jahren spricht er immer wieder von Artificial General Intelligence, kurz AGI. Diese künstliche Intelligenz soll menschlichen Expertïnnen in allen Bereichen überlegen sein.
- In unschöner Regelmäßigkeit wechselt Altman zwischen angeblicher Beängstigung und Begeisterung. Entweder schwärmt er in höchsten Tönen von neuen Modellen oder warnt eindringlich davor.
- Diese Form des Criti-Hypes hat für OpenAI bislang tiptop funktioniert, das Unternehmen wird mit einer halben Billion Dollar bewertet.
- Die ersten Eindrücke und Ergebnisse standardisierter Tests zeigen: GPT-5 ist das derzeit leistungsfähigste Sprachmodell. Es erzählt seltener Unsinn und eignet sich besonders gut zum Programmieren.
- Das Modell scheint aber nicht die Revolution zu sein, die Altman immer wieder versprochen hatte. Das gibt er auch selbst zu: GPT-5 sei ein allgemein intelligentes Modell, aber noch keine AGI.
- Viele Expertinnen und Kritiker bezweifeln, dass sich die Funktionsweise von Sprachmodellen eignet, AGI zu erreichen. Mehr Trainingsdaten und Rechenleistung verbessern die Modelle zwar, der Grenznutzen nimmt aber ab.
- Es kann sein, dass GPT-5 tatsächlich den Beginn einer neuen Ära markiert, die Altman versprochen hatte – allerdings ganz anders, als er es meinte: GPT-5 könnte zeigen, dass sich KI-Entwicklung eben nicht immer weiter beschleunigt.
Hi, wenn du künftig alle Briefings in voller Länge lesen möchtest, kannst du hier Mitglied werden. Falls du noch nicht überzeugt bist, hier einige Argumente, die für eine Mitgliedschaft bei uns sprechen 😄
- Unsere Arbeit wurde für den Grimme-Online-Award nominiert und mit dem Netzwende-Award für innovativen Journalismus ausgezeichnet.
- Mehr als 8000 Menschen aus Medien, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft lesen unsere Briefings jede Woche.
- Mitglieder erhalten zwei Briefings pro Woche, können unserem Slack-Team beitreten und sich dort mit Hunderten Social-Media-Profis vernetzen.
Es wäre uns eine Ehre, wenn wir dich bei uns als zahlendes Mitglied begrüßen dürfen! Nur so können wir unsere Arbeit nachhaltig anbieten. Danke, Martin & Simon

Politics
- USA: 100 Prozent Zölle auf Halbleiter für alle - außer Apple: Der iPhone-Hersteller wird von den immensen Zöllen, die Trump ausgerufen hat (Reuters), verschont, weil ein Teil der Apple-Produktion in die USA zurückgeholt wird (Bloomberg). So plant das Unternehmen künftig sämtliche Schutzgläser für iPhones und Apple Watches in Kentucky zu produzieren. Als Beweis seiner
Treue, Unterwürfigkeit, Dankbarkeit, Liebe zur USA, Liebe zu seinen AktionärenPläne hat Apple-Boss Tim Cook Donald Trump ein Stück Glas aus eben jenen Produktionshallen geschenkt. Ach so: Das Glas steckt in einer 24-Karat-Goldplatte. Hatten wir fast vergessen. Bestechung? Niemals! (The Verge)
Money
- Snaps Umsätze wachsen weniger stark als geplant: Die als wenig zufriedenstellend deklarierte Entwicklung des Werbegeschäfts sei vor allem darauf zurückzuführen, dass Temu und Shein im Zuge der neuen US-Regularien weniger stark in Anzeigen investiert hätten. Tja, wenn dein Business davon abhängig ist, dass die Märkte mit Billigware geflutet werden, hast du vielleicht auch nicht mehr verdient. (CNBC)
- Patreon zahlt Creator zehn Milliarden Dollar — also nicht auf einen Schlag, ist klar. Vielmehr ist das die Summe, die seit der Gründung im Jahr 2013 insgesamt ausgeschüttet wurde. Laut CEO Jack Conte zählt das Unternehmen derzeit mehr als 25 Millionen Paid-Mitgliedschaften. Nicht schlecht, Jacky! Nicht schlecht! (Axios)
- Ghost feiert Ausschüttung von 100 Millionen Dollar an Creator: So viel hätten Newsletter-Publisher seit der Gründung der Plattform im Jahr 2013 verdient (Ghost). Krass, wie viel Geld das ist. Auch krass, wie groß der Unterschied zu Patreon ist.
Next
- OpenAI zahlt Bonuszahlungen an rund 1.000 Mitarbeiterïnnen: Die Höhe der Zahlungen variiert von mehreren hunderttausend bis zu mehreren Millionen Euro (The Information). Da hat Mark Zuckerberg ganz schön was in Gang gesetzt mit seiner KI-Offensive. Die Angestellten wird es freuen. (SMWB)
- KI-Training: Nutzt Meta urheberrechtlich geschützte Inhalte ohne Kompensation? Laut Drop Site sei genau das der Fall. Sogar von persönlichen Blogs und Seiten, die primär sogenannte „Revenge-Porn“-Inhalte publizieren, soll sich Meta für das KI-Training bedient haben. Meta nennt die Vorwürfe falsch und verweist darauf, dass niemand von „Drop Site“ um eine Stellungnahme gebeten hätte (Status News).
- Meta kauft WaveFormsAI: Das KI-Startup ist darauf spezialisiert, Emotionen in Audioaufnahmen zu verstehen und nachzuahmen. (The Information)
- Truth Social bietet nun eine KI-Suche: Als Partner konnte Donald Trumps präferierte Social-Media-App das KI-Unternehmen Perplexity gewinnen. (404 Media). Und wie es sich für ein Angebot von Trump gehört, wird die Anzahl der Quellen, die Antworten liefern, auf MAGA-freundliche Publikationen beschränkt. (Axios)
- Google versucht „Google Zero“-Vorwürfe zu entkräften: Google verwandelt sich bekanntermaßen gerade von der größten Suchmaschine in eine Antwortmaschine. Die Konsequenz: Weniger Menschen klicken auf Websites. Ende Juli haben wir ausführlich über das Szenario "Google Zero" geschrieben (SMWB). In einem Blogpost erklärt Google nun: Alles nicht so wild. Google würde sogar "slightly more quality clicks" zu Websites schicken (Google Blog). Also Klicks, bei denen Menschen tatsächlich auch auf der Website bleiben, und nicht direkt zu Google zurückkommen. Zudem seien die Berichte, dass Google weniger Traffic zu Websites schicke, auf "flawed methodologies, isolated examples, or traffic changes that occurred prior to the roll out of AI features in Search" zurückzuführen. Dass Google im Blogpost aber selbst nicht eine Zahl nennt, spricht Bände. Es ist wie immer: Erhebungen zeigen ein Phänomen auf, Big-Tech sagt: Methode ist mäh, es ist alles okay, glaubt uns einfach! Wenn wir uns eine Sache wünschen könnten: uneingeschränkte Daten-Zugänge für Journalistïnnen und Forschende.
- KI-Energiehunger: Wer sich dafür interessiert, wie viele Ressourcen das Training und die Bereitstellung von KI-Angeboten verschlingen, sollte sich diese Visualisierungen der Financial Times anschauen.
Journalism
- Wenn Publisher zu Plattformen werden: SB Nation ist vermutlich nicht all zu vielen Leserïnnen ein Begriff. Das zur Vox-Gruppe gehörende Sport-Portal hat ein neues Feature parat, das sämtliche Publisher interessieren dürfte: „The Feed“ bietet Dritten die Möglichkeit, sich jenseits von Kommentarspalten einzubringen. Der Relaunch, bei dem Inhalte von Userïnnen neben den professionell erstellten Inhalten von SB Nation platziert werden, soll dabei helfen, dass künftig wieder stärker die Website anstelle von Social-Media-Angeboten genutzt wird. Zudem soll es SB Nation für eine Zeit von „Google Zero“ wappnen. (Axios, Bluesky / Nilay Patel)
Features
- Instagram kann jetzt Reposts. Wer mag, kann nun öffentliche Reels und Feed-Posts in seinem eigenen Profil teilen (Meta Newsroom). Bislang war das nur im Rahmen des Stories-Feature möglich. Okay, das dürfte ja wohl so ziemlich das letzte Feature gewesen sein, das Meta noch nicht von Mitbewerbern abgekupfert hat. Ist es nicht? Ach so:
- Instagram hat jetzt auch eine Snap-Map: Wer möchte, kann seinen Standort mit Freunden teilen, um sie darüber auf dem Laufenden zu halten, wo man gerade abhängt (Meta Newsroom). Natürlich bietet die Map-Funktion, die Meta gnadenlos von Snapchat abgekupfert hat, auch noch viele weitere tolle Features, aber wir halten es da eher mit Proton, die darauf hinweisen, dass sich Userïnnen sehr genau überlegen sollten, ob sie wirklich mit Instagram ihren Standort teilen möchten:
Your location is a valuable data point for both governments and advertisers. Social media platforms are normalizing this technology because there’s an incentive for them to do so — and it’s not your safety.
- Last but not least hat Instagram ein neues Friends-Tab bei Reels, über das sich Userïnnen anschauen können, mit welchen öffentlichen Inhalten ihre Freunde so interagiert haben (Meta Newsroom). Zum Glück lässt sich darüber verfügen, welche Inhalte für Dritte einsehbar sind. Alles andere wäre auch so Facebook 2010.
- WhatsApp führt ein neues Tool ein, das Nutzerïnnen helfen soll, Betrugsversuche frühzeitig zu erkennen. (Meta Newsroom)
YouTube
- YouTube testet ein Collab-Feature, wie wir es bereits von Insta und TikTok kennen. (Engadget)
Substack
- Substack bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Überschriften zu testen. Zudem können Profile etwas mehr individualisiert werden. (On Substack)
In eigener Sache
Wir haben uns entschieden, unseren Newsletter testweise auch bei LinkedIn zu veröffentlichen. Natürlich werden wir dort nicht alle unsere Paid-Artikel for free publizieren. Aber wir möchten gern prüfen, ob LinkedIns Newsletter-Funktion nicht eventuell ein guter Hebel für uns ist, damit unsere Arbeit noch mehr Menschen erreicht. Solltest du also auf LinkedIn sein, freuen wir uns sehr, wenn du unseren Newsletter dort deinen Kollegïnnen empfiehlst! An deinem bestehenden Abo, bzw. an deiner Mitgliedschaft hier bei uns ändert sich nichts. LinkedIns Newsletter dienen uns lediglich als Option, um stärker in dem Umfeld stattzufinden, wo wir unsere Leserïnnen vermuten. Merci <3
Mitglieder-Diskussion