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Wie das Coronavirus die Sicht auf Facebook verändert, die 15 häufigsten Coronavirus-Gerüchte, Facebooks größter Deal seit der Übernahme von What

Wie das Coronavirus die Sicht auf Facebook verändert, die 15 häufigsten Coronavirus-Gerüchte, Facebooks größter Deal seit der Übernahme von What

Salut und herzlich Willkommen zur 633. Ausgabe des Social Media Briefings. Heute beschäftigen wir uns ausführlich damit, wie das Coronavirus die Sicht auf Facebook verändert. Zudem blicken wir auf die 15 häufigsten Coronavirus-Gerüchte, die auf Social Media kursieren, erfahren von Facebooks größtem Deal seit der Übernahme von WhatsApp und dass die Hälfte aller Gen-Z-People in den USA Nachrichten auf Snapchat konsumiert. Die Hälfte!!! Wir wünschen eine gewinnbringende Lektüre und ein angenehmes Wochenende, Simon und Martin

Wie das Coronavirus die Sicht auf Facebook verändert

Was ist: Fast das gesamte Silicon Valley versucht, den Kampf gegen Covid-19 zu unterstützen. Kein Unternehmen war in den vergangenen Wochen so aktiv wie Facebook. Das hilft der Plattform, seinen ramponierten Ruf aufzupolieren – grundlegende Probleme dürfen aber nicht aus dem Blick geraten.

Was Facebook tut: Seit dem Ausbruch des Coronavirus hat Facebook etliche Maßnahmen angekündigt und umgesetzt, die helfen sollen, das Virus aufzuhalten. Die Schlagzahl ist beeindruckend, und die Entschlossenheit ist ungewohnt. In der Vergangenheit reagierte Facebook oft nur zögerlich und nach massivem öffentlichen Druck.

Die Maßnahmen sammelt Facebook auf einer eigenen Übersichtsseite in seinem Newsroom, die mittlerweile einem Fortsetzungsroman ähnelt. Teils sind es nur kleine Updates, etwa der Hinweis auf ein Pressegespräch mit Mark Zuckerberg. Doch ein Großteil der Einträge steht für substanzielle Schritte – etwa der Kampf gegen Corona-Falschinformationen, den wir in Briefing #631 beschrieben haben.

In den vergangenen Tagen hat das Unternehmen außerdem:

Um solche Maßnahmen zu ermöglichen, hat Facebook Entwicklerïnnen von aktuellen Projekten abgezogen und andere Prioritäten gesetzt. Neue Funktionen müssen sich derzeit dem Kampf gegen die virologische Pandemie und die virale Infodemie unterordnen.

Wie Facebook davon profitiert: Kurzfristig sinkt der Umsatz, da die meisten neuen Produkte oft auch in irgendeiner Form Geld abwerfen. Langfristig könnte sich der entschlossene Kampf gegen das Virus für Facebook aber rechnen:

Wie Facebook die Situation nutzt: Natürlich weiß auch Facebook, dass die aktuelle Krise eine Chance ist, um die öffentliche Warhnehmung des Unternehmens zu verbessern. Das ist aber nicht verwerflich, sondern selbstverständlich: Der Leitsatz „Tue Gutes und rede darüber“ eint das gesamte Silicon Valley.

Damit versucht Zuckerberg, einen der zentralsten Vorwürfe gegen Facebook in einen Vorteil zu verwandeln: Jahrelang hieß es, die Plattform sei sich selbst über den Kopf gewachen: too big to control. Datenschutzskandale und Hasskommentare überall, das Unternehmen komme einfach nicht mehr hinterher.

Jetzt schreibt Zuckerberg: Wenn Facebook nicht so groß wäre, könnte es nicht so viele und präzise Daten sammeln. Aus der Schwäche konstruiert er eine Stärke. Im Gespräch mit Casey Newton sagt er (The Verge):

„We’re in a relatively unique position where I don’t think that there are that many institutions in the world that could stand up a survey like this — across the country, much less across the world.“

Warum Facebook noch viel Arbeit vor sicht hat: Bei allem Lob für die aktuellen Maßnahmen – wenige Wochen der Entschlossenheit können nicht wettmachen, was in den Jahren zuvor geschehen ist. Den schlechten Ruf hat sich das Unternehmen hart erarbeitet. Jetzt muss es genauso hart dafür arbeiten, die Skandale und Skandälchen wieder loszuwerden.

Auch im Schatten der Corona-Krise gehen die Probleme weiter. Sie mögen weniger Aufmerksamkeit bekommen, aber wer sucht, der findet:

Be smart: Casey Newton unterscheidet zwischen Facebook, dem Unternehmen, und Facebook, dem Netzwerk:

„On one hand you have Facebook the company working to stop the spread of the pandemic, and on the other you have a small but growing group of users working to exacerbate it. (…) History has taught us that what happens at Facebook is usually not as important as what happens on Facebook.“

Selbst wenn Zuckerberg und alle anderen Facebook-Mitarbeiterïnnen nur das Beste wollen, wird die Plattform niemals ausschließlich positive Auswirkungen haben. Netzwerke wie Facebook, Instagram, YouTube und Twitter helfen uns, die Quarantäne zu überstehen – aber sie begünstigen auch die Infodemie, die das Virus begleitet, und sind zentrale Werkzeuge von Extremistïnnen und Verschwörungstheoretikerïnnen.

Ein Beispiel: Bill Gates ist auf dem besten Weg, George Soros als Feindbild für Rechtsradikale abzulösen. Vor allem Impfgegegnerïnnen nutzen Facebook und andere Plattformen, um Lügen über Gates zu verbreiten (NYT).

Das könnte fatale Folgen haben: Claire Wardle, Chefin der Recherche-Organisation First Draft, fürchtet, die gezielten Angriffe und koordinierten Kampagnen könnten Menschen davon abhalten, sich in Zukunft gegen Covid-19 impfen zu lassen. Als ob es nicht schwer genug wäre, einen Impfstoff zu entwickeln.

Autor: Simon Hurtz

Kampf gegen Desinformation und Hass

Die 15 häufigsten Coronavirus-Gerüchte

Die unermüdlichen Faktenchecker von Correctiv haben einen klasse Artikel geschrieben, der die 15 häufigsten Gerüchte und Theorien zum Coronavirus erklärt und debunked. Falls Opa am Tisch mal wieder damit anfängt, dass schon Ur-Oma vor der gelben Gefahr gewarnt hat, kann diese Übersicht sehr hilfreich sein.

Facebook: Mehr Transparenz bei Pages und Accounts

Während der Präsidentschaftswahl 2016 sah sich Facebook mit dem Vorwurf konfrontiert, ausländische Mächte hätten mit Pages und Accounts für Zwietracht unter US-Nutzerïnnen gesorgt und somit die Wahl von Außen beeinflusst. In der Folge führte Facebook allerhand Funktionen ein, um solche Aktivitäten zu unterbinden. Nun hat Facebook ein weiteres Feature gelauncht: Auf der „About this Page“-Seite wird bei Seiten mit großer Reichweite fortan angezeigt, wo der Seiteninhaber lokalisiert ist. Dieser Hinweis soll helfen einzuschätzen, wie glaubwürdige eine Seite ist.

Twitter: Update der COVID-19-Guidelines

Bei Twitter werden die Zügel angezogen, was Falschinformationen rund um das Coronavirus angeht. Das Unternehmen verkündet, dass sie den Leitfaden zu ungeprüften Behauptungen erweitert hätten und künftig alles von der Plattform genommen wird, dass Menschen „zu schädlichen Aktivitäten aufstachelt, zur Zerstörung oder Beschädigung kritischer 5G-Infrastrukturen führt oder zu weit verbreiteter Panik, sozialen Unruhen oder Unruhen großen Ausmaßes führen könnte.“ Klingt alles legit. Es kommt – wie immer – auf die Umsetzung an. Was das Sperren von Accounts und Inhalten angeht, hat Twitter leider in den letzten Monaten viel Kredit verspielt.

YouTube sperrt medizinisch fragwürdige Inhalte

Auch YouTube will strenger zu Werke treten und kündigt an, Inhalte, die medizinisch fragwürdige Dinge versprechen, von der Plattform zu nehmen. Was „medically unsubstantiated content“ genau sein soll? Nun, laut CEO Wojcicki alles, was sich gegen die Empfehlungen der WHO richtet. Oh boy, it’s gonna get messy.

Follow the money

🇮🇳 Facebook investiert 5,7 Milliarden Dollar in JIO

Ganz ehrlich: Wir hatten vor dieser Nachricht noch nie von JIO gehört. Was wir allerdings direkt verstanden haben: Die Nachricht ist wichtig. Denn mitten in der Krise investiert Facebook die zweitgrößte Summe, die das Unternehmen jemals auf einen Schlag investiert hat. Der JIO-Deal ist nach der Übernahme von WhatsApp der größte Deal, den Facebook jemals abgeschlossen hat. Bei Ben Thompson und CNBC erfährt man, was Facebook damit bezweckt: Zugang zum wichtigen indischen Markt sichern und die Monetarisierung von WhatsApp vorantreiben. Dieser Deal wird uns noch ausführlicher beschäftigen.

👻 Snap Earnings

Snap hat erstaunlich gute Zahlen für das erste Quartal 2020 vorgelegt. Der Umsatz ist im Vergleich zum Vorjahr um 44 Prozent gewachsen. Die (heilige) Zahl der täglich aktiven Nutzerïnnen konnte ebenfalls um 20 Prozent gesteigert werden – 229 Millionen Menschen nutzten Snapchat jeden Tag. Am Spannendsten ist für uns aber vor allem der Erfolg von Snapchat Discover in den USA: mehr als die Hälfte der Gen-Z-People in den USA schaut sich Nachrichteninhalte auf Discover an. Das ist ein wirklich erstaunlicher Erfolg. Peter Hamby freut’s (Twitter).

👖 TikTok & Levi’s

Wer sich dafür interessiert, wie sich mit TikTok Geld verdienen lässt, der dürfte an diesem Artikel von Techcrunch Gefallen finden. Sarah Perez erklärt darin, was Levi’s unternimmt, um möglichst viel Traffic von der Plattform abzugreifen. Spoiler: Irgendwas mit Influencer-Kooperationen und 3D-Maßanfertigungen.

Neue Features bei den Plattformen

Facebook

Instagram

WhatsApp

LinkedIn

Twitter

Social Media Watchblog für Grimme Online Award nominiert

One more thing

Grimme Online Award: Liebe Kollegïnnen, das Social Media Watchblog wurde für den Grimme Online Award 2020 in der Kategorie Information nominiert 🎉

Mit Blick auf die über 1000 Einreichungen ist es eine große Ehre, zu den 11 Angeboten zu zählen, die nominiert wurden. Zudem befinden wir uns in bester Gesellschaft: herausragende Info-Angebote wie das Coronavirus-Update mit Christian Drosten vom NDR, MedWatch und „Darüber spricht der Bundestag“ von Zeit Online wurden ebenfalls nominiert.

Für uns ist das wirklich eine große Sache! Tausend Dank an alle Abonnentïnnen! Ohne Euch wäre das alles nix. Mit Euch ist das hier aber der beste Job, den wir uns nur vorstellen können. Indie Journalism FTW!!!

Wer uns unterstützen möchte, kann gern für uns beim Publikums-Voting abstimmen. Wir würden uns sehr freuen.

Noch mehr würden wir uns aber freuen, wenn wir hier noch ganz viele Ausgaben zusammen weitermachen können. Wir haben jedenfalls hart Bock 💛✊🏻👾

Header-Foto von Kate Trifo bei Unsplash