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Was Menschen in Deutschland von Social Media halten | Zwölf Handlungsempfehlungen, um junge Menschen gegen digitale Desinformation und Hassrede zu st

Was Menschen in Deutschland von Social Media halten | Zwölf Handlungsempfehlungen, um junge Menschen gegen digitale Desinformation und Hassrede zu st

4 Reports, die 4 Wochen vor der Wahl genau richtig kommen

Was ist

Wir richten den Blick oft auf die USA. Fast alle relevanten Tech-Firmen sitzen im Silicon Valley, die US-Wahl war das wichtigste politische Ereignis der vergangenen Jahre. 2021 ist das anders: In vier Wochen wird gewählt, also widmen wir uns dem deutschsprachigen Teil des Netzes.

In dieser Ausgabe stellen wir drei Studien vor, die sich damit beschäftigen, was Menschen in Deutschland von Social Media halten. Zudem geben wir zwölf Handlungsempfehlungen eines Papers weiter, um junge Menschen gegen digitale Desinformation und Hassrede zu stärken. Egal, wer die Wahl gewinnt: Es wäre schön, wenn die neue Bundesregierung einige dieser Ratschläge beherzigt.

Die vier Ausarbeitungen stammen von zwei Autoren, die Watchblog-Leserïnnen bekannt sein dürften, weil sie immer wieder in unseren Briefings auftauchen:

Reset: Social Media in Deutschland

Die Befragungen umfassen drei Themengebiete (Reset.tech), zu denen jeweils ein Report erarbeitet wurde:

Wir geben nicht die kompletten Ergebnisse wieder, sondern beschränken uns auf ausgewählte Informationen, die uns überrascht haben oder die wir für wichtig halten. Für alle drei Studien wurden Ende Juni jeweils gut 3000 wahlberechtigte Internet-Nutzerïnnen ab 18 Jahren befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die Gesamtbevölkerung.

Debattenkultur in sozialen Medien

Desinformation in sozialen Medien

Hass in sozialen Medien

Vodafone-Stiftung: Digitale Souveränität

Seit drei Jahren befragt die Vodafone-Stiftung immer wieder repräsentativ ausgewählte 14-24-Jährige und interviewt zusätzlich Expertïnnen (die jüngsten Ergebnisse haben wir in Briefing #736 vorgestellt). Dabei geht es um Fragen wie:

Auf Grundlage dieser Studien und Umfrageergebnisse bat die Stiftung Martin Fuchs, "konkrete Handlungsempfehlungen für die neue Bundesregierung zu erarbeiten, die helfen sollen, junge Bürgerïnnen digital souveräner zu machen." Martin hat seine zwölf Ratschläge in drei Themenfeldern zusammengefasst. Wir geben sie gekürzt wieder und verweisen für ausführlichere Informationen auf das Policy-Paper, das am Mittwoch erscheint und dann auf der Seite der Stiftung abrufbar sein wird.

1. Fördert die digitale Diskussionskultur bei Jugendlichen

Vermutlich wirft jede Generation der nächsten vor, sie seit unpolitisch und träge. Auch bei der Gen Z ist das Unsinn. Fridays for Future, Black Lives Matter – junge Menschen wollen ihre Zukunft politisch mitgestalten.

64 Prozent der 14- bis 24-Jährigen gibt an, dass es ihnen wichtig sei, mit anderen über politische Themen zu diskutieren – und das tun sie vor allem im Netz. Eine Mehrheit sagt, dass sie sich am liebsten online austauschen, informieren, organisieren und mit Politikerïnnen in Kontakt treten.

Trotzdem hat ein signifikanter Teil der Jugendlichen noch nie seine politische Meinung im Netz geäußert. Viele nennen die abschreckende Diskussionskultur als Grund. Es gibt also den Wunsch, mit anderen politisch zu debattieren, bislang existieren aber wenig passende Angebote. Daraus leitet Martin folgende vier Empfehlungen ab (das Paper enthält weitere Ausführungen und Details zu den einzelnen Punkten):

2. Lasst die Generation Z im Netz nicht allein

Für junge Menschen gehören Falschnachrichten, Hassrede und Mobbing zum digitalen Alltag. Am häufigsten sind Frauen und Menschen mit formal niedriger Bildung betroffen. Eigentlich fühlen sich Jugendliche sicher im Umgang mit sozialen Medien. Wenn sie dort aber beleidigt werden oder jemand falsche Behauptungen in Umlauf bringt, wissen viele nicht wie sie reagieren sollen.

Rund die Hälfte hat bereits Inhalte in sozialen Medien gemeldet, doch in 60 Prozent der Fälle war die Meldung nicht erfolgreich. Die Review-Prozesse der Plattformen dauern oft quälend lang, teils kommt gar keine Rückmeldung. Deshalb fordert Martin:

3. Bekämpft Desinformation nicht nur im Wahlkampf

Drei Viertel der 14- bis 24-Jährigen sehen mindestens einmal pro Woche Falschnachrichten online oder in sozialen Medien. Binnen zwei Jahren ist der Anteil um 25 Prozentpunkte gestiegen. Die Zahl jener, die mehrfach täglich auf Desinformation stoßen, hat sich im selben Zeitraum fast verdoppelt. Insbesondere seit dem Beginn der Corona-Pandemie ist die empfundene Menge an Falschnachrichten stark gestiegen.

Gleichzeitig steigt die Fähigkeit, Fehlinformationen zu erkennen, nur langsam. Nach wie vor traut sich mehr als ein Drittel der Jugendlichen nicht zu, die Glaubwürdigkeit von Nachrichten richtig zu beurteilen. Sie wünschen sich Bildungsangebote und Unterstützung, werden aber oft allein gelassen. Zwei Drittel geben an, das Thema Falschnachrichten/"Fake News" sei nie in der Schule behandelt worden – und 85 Prozent sagen, es sollte verpflichtender Inhalt des Unterrichts werden.

Dementsprechend wünscht sich Martin, dass Schulen Lehrpläne modernisieren und Lehrerïnnen Hilfe bekommen, die digitale Lebensrealität der jungen Menschen zu verstehen, denen sie etwas beibringen sollen:


Neue Features bei den Plattformen

TikTok

  1. Reichweite „for free“ servieren
  2. Akteure auf die Plattform lotsen
  3. Für Reichweite kassieren

Header-Foto von Alexandre Debiève bei Unsplash