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Trusted Flaggers: Warum die Zensurvorwürfe absurd sind

In den USA schreien Rechte bei jeder Gelegenheit "Zensur!". Jetzt geht das Spiel auch in Deutschland los.

Trusted Flaggers: Warum die Zensurvorwürfe absurd sind
Quelle: Unsplash+ / Owl Illustration Agency

Was ist

Die Weltlage ist düster genug, betrachten wir es also positiv: Endlich interessiert sich jemand für den Digital Services Act (DSA). Das große Plattformgesetz der EU und die nationale Umsetzung in Deutschland sind sonst eher Themen, die weniger Aufmerksamkeit erhalten, als sie verdienen. In den vergangenen Wochen hat sich das geändert.

Leider war es das dann auch mit den guten Nachrichten. Die aktuelle Debatte dreht sich nicht um Inhalte oder sachliche Kritik, sondern um Skandalisierung. Der Vorwurf lautet: Die Bundesregierung habe eine neue Zensurbehörde geschaffen, um die Meinungsfreiheit im Netz zu beschränken.

Um es vorwegzunehmen: Diese Behauptung entbehrt jeder Grundlage. Doch mittlerweile haben auch so viele seriöse Medien das Thema aufgegriffen, dass wir es nicht mehr länger ignorieren können. Also erklären wir, worum es geht, weshalb die meisten Vorwürfe hanebüchen sind und warum ein wenig Kritik trotzdem angebracht ist.

Was Trusted Flaggers sind

Die Anbieter von Online-Plattformen ergreifen die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen, damit Meldungen, die von in ihrem ausgewiesenen Fachgebiet tätigen vertrauenswürdigen Hinweisgebern über die in Artikel 16 genannten Mechanismen übermittelt werden, vorrangig behandelt und unverzüglich bearbeitet und einer Entscheidung zugeführt werden.

Wie die Debatte entstand

Plattformen sind verpflichtet, auf Meldungen von Trusted Flaggers sofort zu reagieren. Illegale Inhalte, Hass und Fake News können sehr schnell und ohne bürokratische Hürde entfernt werden. Das hilft, das Internet sicherer zu machen. Was illegal ist, entscheiden weder Trusted Flagger noch die Bundesnetzagentur.

Wie die Debatte eskalierte

Warum die Vorwürfe größtenteils absurd sind

Man melde weder Behörden noch Plattformen einfach nur irgendwelche unliebsamen Meinungen. Schon gar nicht durchforste man aktiv Instagram, X etc. nach Meldewürdigem, schon allein, weil die Fachleute von „Respect“ gar keine Zeit dafür hätten. (…) Wenn eine Nutzerin oder ein Nutzer einen Beitrag sieht, der zum Beispiel volksverhetzend sein könnte, kann sie oder er das „Respect“ melden. Kommen sie dort zu dem Schluss, dass das Geschriebene potenziell strafbar ist – was sie in knapp 40 Prozent der Fälle tun, der Rest ist laut der Meldestelle „rechtlich unbedenklich“ –, melden sie den Beitrag dem Bundeskriminalamt.

Be smart

Neben der Aufregung über die unglückliche Pressemitteilung kann man substanziellere Kritik üben. Wir empfinden die Doppelrolle von Müller als CMS und Präsident der Bundesnetzagentur als irritierend. Für die kommissarische Besetzung hätte man sicher eine unverfänglichere Übergangslösung finden können als den Chef einer Behörde, die an Weisungen des Bundeswirtschaftsministeriums gebunden ist. Auch wenn man Müller selbst für vollkommen integer hält, hätte man diese Steilvorlage vermeiden sollen.

Die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Strukturen des DSA überlassen wir dem geschätzten Johannes Kuhn. In seinem Newsletter wägt er ab, wie illegale Inhalte definiert und Overblocking verhindert werden könnte. Letztlich kommt er aber zum Schluss:

Das [bestehende System] ist meiner Meinung nach eine akzeptable Lösung. Die Sorge über Trusted Flagger artikuliert zwar ein im Prinzip nicht unberechtigtes Misstrauen gegenüber staatlichen Eingriffen, wird aber von nicht wenigen Akteuren schlicht instrumentalisiert – unter anderem, um das Gesamtkonstrukt staatlich koordinierter Moderationsarchitektur zu diskreditieren.

Trotzdem sieht Johannes zwei Gründe, den DSA berechtigt zu kritisieren – die aber nichts mit der aktuellen Zensurdebatte zu tun haben:

Meine eigene Sorge gilt zwei anderen Aspekten: Der Möglichkeit, dass die angewendeten “nationalen Gesetze” mittelfristig so verändert werden, dass sie die Meinungsfreiheit wirklich einschränken und nun eine Infrastruktur existiert, die das durchsetzen kann – und bei der Missbrauch nur verhindert werden kann, wenn wirklich alle Institutionen funktionieren. Kurz: Der DSA, unkontrolliert ungarisiert.
Und, Leserinnen und Leser kennen mein Lamento, die internationale Signalwirkung von NetzDG und DSA – prinzipielle Eingriffe, die eben von denjenigen, die Gewaltenteilung und checks & balances für überflüssig halten, als Rechtfertigung für autoritäre Plattform-Politiken missbraucht werden können.

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