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7 Min. Lesezeit

Grenzen für Trump auf Facebook und Twitter, Missbrauch von Überwachungstechnik, Journalismus bei YouTube

Salut und herzlich Willkommen zur 621. Ausgabe des Social Media Briefings. Heute beschäftigen wir uns mit der Frage, welche Grenzen Donald Trump eigentlich auf Twitter und Facebook gesetzt werden. Zudem lernen wir am Beispiel Clearview, dass jede Überwachungstechnik missbraucht werden kann. Dystopische Grüße, Martin & Simon

Trump lotet die Grenzen von Facebook und Twitter aus

Was ist: Facebook hat mehr als 1000 grob irreführende Anzeigen der Trump-Kampagne gelöscht. Twitter hat ein Video, das der US-Präsident weiterverbreitet hatte, als manipuliert gekennzeichnet.

Warum das wichtig ist:

Wie Facebook reagiert hat

Wie Twitter reagiert hat

Be smart: Neben der gar nicht mal so selbstverständlichen Erkenntnis, dass selbst Facebooks Nachsicht mit Trump Grenzen hat, wirft die vorsichtige Maßregelung einige Fragen auf:

Autor: Simon Hurtz

Clearview zeigt: Jede Überwachungstechnik wird missbraucht

Was ist: Das dubiose Start-up Clearview sagt: Nur Strafverfolgungsbehörden und ausgewählte Sicherheitsexpertïnnen dürfen unsere gewaltige Datenbank nach gespeicherten Gesichtern durchsuchen. Das ist eine Lüge.

Warum das wichtig ist: Der Vorfall macht erneut klar, dass es unmöglich ist, Technik und Infrastruktur zu entwickeln, die Massenüberwachung ermöglicht, ohne dass diese früher oder später missbraucht wird.

Normalerweise dauert es allerdings eine Weile, bis kriminelle Hackerïnnen Daten erbeuten oder mächtige Exploits auf dem Schwarzmarkt angeboten werden. Im Fall von Clearview war das gar nicht nötig, weil das Unternehmen offenbar selbst keine Skrupel kennt und alles zu Geld macht, was nicht bei drei Datenschutzgrundverordnung buchstabiert hat.

Zur Erinnerung: Clearview ist ein Start-up, das bis Januar niemand kannte. Dann titelte die New York Times: „Das geheime Unternehmen, das die Privatsphäre, wie wir sie kennen, beenden könnte„. Diese Überschrift ist reißerisch, das Vorgehen von Clearview kann einem aber tatsächlich Angst machen.

Angeblich hat Clearview eine Datenbank mit drei Milliarden Fotos aufgebaut, die es aus öffentlich zugänglichen Quellen abgesaugt hat. Ermittlerïnnen sollen darin nach Gesichtern suchen können, um Verdächtige zu identifizieren. In Briefing #607 haben wir uns ausführlich mit Clearview beschäftigt, fünf Newsletter-Ausgaben später gab es noch ein kleineres Follow-up.

Was Clearview macht: Neben Tausenden Behörden und Organisationen greifen auch etliche Privatleute auf die Datenbank zu (NYT): Investorïnnen, Geschäftspartnerïnnen und Freundïnnen des Gründers. Sie verwendeten die App, um Dates nachzuspionieren, auf Partys anzugeben oder banale Straftaten aufzuklären.

Ein Beispiel: Der Geschäftsmann John Catsimatidis, Eigentümer der Lebensmittelkette Gristedes, identifizierte mit der Clearview-App binnen Sekunden einen ihm unbekannten Mann, den er in Begleitung seiner Tochter sah. Zudem nutzte er die Technik, um Ladendiebe in einer seiner Filialen zu überführen – die Eiscreme im Wert von ein paar US-Dollar mitgehen ließen. Zitat des Milliardärs: „Sie klauten unser Häagen Dazs. Es war ein großes Problem.“

In seinem Blog schreibt Clearview: „Unsere investigativen Werkzeuge haben Strafverfolgern geholfen, Tausende schwere Verbrechen aufzuklären, darunter Mord, sexueller Missbrauch, häusliche Gewalt und Fälle von Kindesmissbrauch.“ Bitte ergänzen: „sowie Eiscremediebstahl“

Was über Clearview bekannt ist: Das Start-up hat jahrelang im Verborgenen agiert und sich um Geheimhaltung bemüht. Doch in den vergangenen Wochen haben Reporterïnnen kontinuierlich recherchiert und vieles aufgedeckt, das Gründer Hoan Ton-That wohl lieber verschwiegen hätte:

Be smart: Alles, was bislang über Clearview bekannt ist, zeichnet das Bild eines unangenehmen bis gefährlichen Unternehmens. Genau wie bei Cambridge Analytica wäre es aber Unsinn, sich nur auf dieses eine Beispiel zu konzentrieren.

Vermutlich gibt es mehrere Firmen, die ähnlich agieren – etwa NEC, das in mehr als 70 Ländern aktiv sein soll (Medium / OneZero), oder Wolfcom, das Bodycams mit Technik zur Gesichtserkennung ausstattet (Medium / OneZero).

Das grundsätzliche, strukturelle Problem heißt nicht Clearview. Es geht um Massenüberwachung und automatisierte Gesichtserkennung, für die es Regulierung und klare Grenzen braucht.

Autor: Simon Hurtz

Social Media & Journalismus

Journalismus bei YouTube

Der deutsche Blick auf soziale Medien ist häufig vom Gefühl geprägt, dass Plattformen wie Facebook und YouTube vor allem „nice to have“ sind. In anderen Ländern – vor allem in jenen, in denen es keine freie Presse gibt, Meinungsfreiheit eingeschränkt wird und regierungskritische Stimmen verfolgt werden – sieht das ganz anders aus. Bloomberg berichtet über Journalisten-Kollegïnnen in Pakistan, für die YouTube das Mittel der Wahl ist, um sich Gehör zu verschaffen. ✊🏻

Streaming Wars

Resso in Indien gestartet

Im Dezember hatten wir das erste Mal über Resso berichtet – nun ist der Spotify-Herausforderer aus dem Hause ByteDance offiziell in Indien gestartet (Techcrunch). Warum das eine Meldung wert ist? Nun ja, Resso bietet spannende Funktionen, die wir womöglich bei Spotify auch bald sehen könnten – etwa:

Follow the money

TikTok Creator Marketplace

Speaking of ByteDance: TikTok hat jetzt einen offiziellen Creator Marketplace gelauncht, um Kunden mit Influencern zu matchen. Facebook for Creators bietet mit dem Brand Collabs Manager ein ähnliches Tool, damit Kreative leichter für bezahlte Partnerschaften gefunden werden können. Interessant, wie die Plattformen mittels Datenanalyse Agentur-Jobs vernichten. Oder sehen wir das falsch? Rückmeldung erwünscht! 📨

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