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21.8.2020 | Facebook gegen den Wahnsinn der Welt, zur Rolle von Telegram in Belarus, Google Trends für Facebook, Instagram und Twitter

21.8.2020 | Facebook gegen den Wahnsinn der Welt, zur Rolle von Telegram in Belarus, Google Trends für Facebook, Instagram und Twitter

Facebook kämpft gegen den Wahnsinn der Welt

Was ist

Zugegeben: Die Überschrift ist etwas pathetisch. Doch angesichts des allgegenwärtigen Irrsinns erscheint uns das gerechtfertigt. Außerdem bietet sie uns die Möglichkeit, eine ganze Reihe neuer Entwicklungen unter einen Hut zu bringen, die sich alle darum drehen, wie Facebook mit Verrückten und Radikalen umgeht: von QAnon-Anhängerïnnen über Anti-Vaxxer, Rassistïnnen und Antisemitïnnen bis zur gewaltverherrlichenden Boogaloo-Bewegung.

Wir fassen die Nachrichten zunächst kompakt zusammen und verlinken die besten weiterführenden Quellen. Dann sehen wir uns einen Avaaz-Bericht näher an, der das Ausmaß der Desinformation über das Coronavirus auf Facebook vermisst. Abschließend ordnen wir das Geschehen kurz ein.

Was alles passiert ist

QAnon- und Boogaloo-Bewegung

Antisemitismus und Rassismus

Politische Desinformation

Desinformation zu Gesundheitsthemen

Was von dem Avaaz-Bericht zu halten ist

Wir haben die 33 Seiten (PDF) gründlich gelesen und mit Avaaz, Facebook und Ulrich Montgomery, dem Präsident des Weltärztebundes, darüber gesprochen. Grob zusammengefasst: Avaaz hat sich große Mühe gegeben, das Ausmaß der Desinformation zu vermessen – die genauen Zahlen, die in dem Bericht vorkommen, sollte man aber vorsichtig behandeln.

Das fängt bei den angeblich 3,8 Milliarden Abrufen an, die wir aus zwei Gründen höchstens als groben Schätzwert durchgehen lassen:

  1. Facebook zeigt nicht an, wie viele Nutzer ein Posting in ihrer Timeline sehen. Eingeblendet wird lediglich die Zahl der Menschen, die den Beitrag liken, teilen oder kommentieren. Nur bei Videos sind sowohl Abrufe als auch Interaktionen sichtbar. Dieses Verhältnis hat Avaaz auf andere Postings übertragen, um aus den öffentlichen Interaktionen eine geschätzte Reichweite abzuleiten. Facebook nennt die Methodik auf Nachfrage hypothetisch und ungenau.
  2. Der Wert bezieht sich auf sämtliche Inhalte, die ein Netzwerk aus 82 Webseiten und 42 Facebook-Seiten verbreitet hat. Darunter sind nicht nur Lügen und verharmlosende Aussagen über Covid-19, sondern auch Artikel, die gar nichts mit dem Virus oder anderen Gesundheitsthemen zu tun haben. Die Zahl beschreibt also die Gesamtreichweite des Netzwerks, nicht aber die Verbreitung einzelner Beiträge.

Trotzdem können wir das Vorgehen von Avaaz nachvollziehen. Die Grundannahmen der Hochrechnung sind alle eher konservativ, sodass kein maßlos übertriebener Wert herausgekommen sein dürfte. Und solange unabhängige Wissenschaftler keinen Zugriff auf Facebooks Daten erhalten, bleibt nichts anderes übrig, als solche Vermutungen anzustellen.

Auch die beiden Lösungsvorschläge, die Avaaz macht, finden wir sinnvoll. Beide knüpfen an Maßnahmen an, die Facebook bereits eingeleitet hat – nach Meinung von Avaaz aber nicht weit genug gehen:

"Correct the Record"

"Detox the Algorithm"

Be smart

Wir haben es schon oft gesagt. Wir sagen es nochmal, weil es so wichtig ist: Facebook ist keine neutrale Plattform, als die es sich selbst gern darstellt. Ein Großteil der beschriebenen Probleme ist hausgemacht (Technology Review). Desinformation spricht oft Gefühle an. Emotionen rufen Interaktionen hervor, die der Algorithmus als Relevanzsignale deutet – und den Lügen und Verharmlosungen zusätzlich Aufmerksamkeit verschafft, bis Facebook eingreift (oder auch nicht).

Allen Gegenmaßnahmen zum Trotz schlägt Facebook Nutzerïnnen weiter vor, QAnon-Gruppen beizutreten (Twitter / Adrienne LaFrance). "Der Wille ist vorhanden, aber er ist nicht gut genug", sagt Frank Ulrich Montgomery. Ihm gehe es gar nicht um Menschen, die Verschwörungserzählungen über Bill Gates glaubten. Die könne man nicht ernstnehmen. Viel mehr beunruhigen ihn zwei andere Gruppen:

Das sind einmal die Impfverweigerer, die das Leben ihrer Kinder riskieren. Und jene Menschen, die daran zweifeln, dass Covid-19 gefährlich ist und etwa irreführende Vergleiche mit der Grippe verbreiten. Wenn solche Behauptungen einmal viral gehen, kann die Wissenschaft fast nichts tun, um das wieder einzufangen. Da sehe ich die Plattformen in der Pflicht, das vorher zu verhindern. Sonst nützt uns der beste Corona-Impfstoff nichts.


Empfehlungen fürs Wochenende

Bei unseren Lesetipps konzentrieren wir uns diese Woche auf zwei Plattformen: Wir empfehlen Texte über Telegram und Facebook.

Telegram

Facebook


Neue Features bei den Plattformen

Instagram


Tipps, Tricks und Apps


One more thing

Très chic 😂


Header-Foto von Max Templeton bei Unsplash