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Biden und Big Tech, EU greift Verschlüsselung an, 5 Gründe, warum du Telegram löschen solltest, Video Chat bei Tinder

Biden und Big Tech, EU greift Verschlüsselung an, 5 Gründe, warum du Telegram löschen solltest, Video Chat bei Tinder

Biden und Big Tech

Was ist

Seit Samstag ist klar: Der neue US-Präsident wird ein Demokrat. Dass der abgewählte Amtsinhaber nicht nur qua Parteizugehörigkeit wenig mit Demokratie am Hut hat, zeigt ein Blick auf seinen Twitter-Account. Dort wimmelt es von Hinweisen wie:

Donald Trump weigert sich hartnäckig, seine Niederlage einzugestehen. Nach fast vier Jahren und mehr als 22.000 (Washington Post) irreführenden und falschen Behauptungen sollte das niemanden mehr überraschen. Das Maß der Demokratieverachtung ist trotzdem immer wieder erstaunlich.

Im Gegensatz zu Trump können wir es kaum erwarten, dass diese dunkle Ära bald vorbeigeht. Wir hoffen nur, dass der Machtwechsel friedlich verlaufen wird. Wir haben uns monatelang an der US-Wahl abgearbeitet und wollen diese Ausgabe nutzen, um nach vorn zu blicken: Was könnte sich mit Joe Biden und Kamala Harris ändern? Wie wird der neue US-Präsident die Netzpolitik prägen? Worauf muss sich das Silicon Valley einstellen?

Es kann gut sein, dass wir in einem der kommenden Newsletter den Blick wieder auf die traurige Gegenwart richten müssen. Trump und seine Anhängerïnnen fluten das Netz mit Lügen und Desinformation (CNN). Sie weichen auf "Free-Speech-Plattformen" wie Parler und Rumble aus (OneZero), der Präsident bereitet offen eine Art Staatsstreich vor (Vox), die Plattformen kommen mit dem Löschen kaum hinterher (Washington Post) – mal wieder.

Zudem ist Trump allein nicht die Ursache, sondern auch ein Symptom der polarisierten Gesellschaft und Social-Media-Welt: Wenn er verschwindet, bleiben immer noch 70 Millionen Menschen (Platformer), die ihn gewählt haben.

Für den Moment heißt es aber: Good bye, Donald – hello, Joe!

Wie das Silicon Valley auf die Wahl reagiert

Was Biden und Harris für das Silicon Valley bedeuten

Was sich in den kommenden vier Jahren ändern könnte

Be smart

Nach der US-Wahl ist vor dem Corona-Impfstoff – und bereits wenige Stunden, nachdem Pfizer und BioNTech am Montag bekanntgegeben hatten, dass es einen vielversprechenden Wirkstoff gibt, breiteten sich Lügen und Panikmache aus.

Social-Media-Konzerne bekommen die Kampagnen der radikalen Impf-Verweigerïnnen seit Jahren kaum in den Griff. Wir können uns ausmalen, was im Netz los sein wird, wenn der erste Impfstoff zugelassen wird. Im September sagten nur die Hälfte der befragten Menschen in den USA (Pew Research), dass sie sich gegen Covid-19 impfen lassen wollen.

Der Kampf gegen Lügen und Desinformation wird weitergehen, selbst wenn der größte Lügner, den die USA bislang gesehen haben, das Weiße Haus verlässt. Und wenn es nicht gelingt, große Teile der Bevölkerung davon zu überzeugen, dass der Impfstoff sicher ist und zuverlässig schützt, wird die Pandemie noch sehr viel mehr Opfern fordern. Den Plattformen, die für viele Menschen eine zentrale Nachrichtenquelle sind, kommt dabei eine entscheidende Rolle zu.


EU greift Verschlüsselung an

Was ist

Nach dem Terroranschlag in Wien hat der EU-Ministerrat binnen fünf Tagen eine Resolution fertiggestellt(ORF), die die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Messengern wie WhatsApp und Signal aushebeln könnte. Die EU-Mitgliedsstaaten wollen Plattformbetreiber zwingen, Hintertüren in ihre Dienste einzubauen, damit Ermittlerïnnen mitlesen können.

Wie die Reaktionen ausfallen

Wie zu erwarten: empört, und das völlig zu Recht.

Warum der Vorstoß eine schlechte Idee ist

Es scheint leider ein Naturgesetz zu sein: Sicherheitspolitikerïnnen nutzen jede sich bietende Gelegenheit, um die Verschlüsselung anzugreifen. Bis zu einem Grad ist das verständlich: Sie erschwert Ermittlerïnnen die Arbeit, Terroristen und Kriminelle können ungestörter kommunizieren. Auch beim Kampf gegen die Verbreitung von Aufnahmen, die Kindesmissbrauch zeigen, kann man nachvollziehen, warum Behörden verschlüsselte Messenger als Problem sehen.

Es gibt aber mehrere Argumente dagegen, E2E aufzuweichen:

Be smart

Der Vorstoß des EU-Ministerrats ist erstmal nur eine Absichtserklärung. Wenn daraus ein Gesetz werden soll, müssten noch zahlreiche politische und juristische Schritte folgen. Es bräuchte unter anderem die Zustimmung der EU-Kommission und des EU-Parlaments.

Unter anderem das Bundesinnenministerium dementiert diese Absicht. Der Entwurf enthalte "keinerlei Lösungsvorschläge oder Forderungen nach Schwächung von Verschlüsselungssystemen", sagt ein BMI-Sprecher (Golem). Die Bundesregierung hält demnach an den Eckpunkten der deutschen Kryptopolitik von 1999 fest. Dazu zähle das Konzept einer "Sicherheit durch Verschlüsselung und Sicherheit trotz Verschlüsselung".

Die harsche Reaktion ist trotzdem angebracht. Eine frühzeitige öffentliche Debatte schadet nie. Aber derzeit muss noch niemand fürchten, dass WhatsApp und Signal morgen mit Blick auf die Verschlüsselung von Inhalten unsicher sind.

Allerdings sind die EU-Mitgliedsstaaten nicht allein mit ihrem Bestreben: E2E steht derzeit weltweit unter Beschuss, unter anderem in Großbritannien, Australien, Indien und den USA. Die Global Encryption Coalition (GEC) stellt sich jedenfalls darauf ein (Heise), dass der Kampf für sichere Kommunikation jahrelang andauern wird.


Datenschutz-Department

  1. Standard-Chats auf Telegram sind nicht Ende-zu-Ende-verschlüsselt
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  4. Telegram stellt sich häufig tot, wenn Journalisten Fragen haben
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Header-Foto von Clay Banks bei Unsplash